Sonntag, 16. Juli 2006

Gefangen

Das Zimmer ist unidentifizierbar. Der junge Mann liegt nackt auf dem Bett; sein Leib wird von Keiner Decke geschändet, er liegt frei, frei von allem, gefangen in sich selbst. Der Atem ist ruhig, der Blick verliert sich unverwand der Luft. - Das Problem an hausgemachten Gefängnissen ist: Man wird nicht entlassen, man kann sich nur selbst entlassen. Und so spielt er Richter und Schuldigen zugleich; wenn er bloß wüsste für was er verurteilt worden ist. Er denkt nach, aber es kommt nicht einmal zu einer Anklage. Wie soll es ohne Schuldspruch eine Entlassung geben? Gegen was soll er sich verteidigen, wenn er nicht beschuldigt ist? Kein Plädoyer ohne Anklage! So zwinkern seine Augen kurz und fast im selben Moment steht er auf; Wäscht sein Gesicht, frühstückt was er finden kann und legt sich zurück ins Bett.
Nachdem er eine Halbe Stunde später, noch immer nicht zu einem Schuldspruch gekommen ist, entschließt er sich, sich dem Tag doch noch zu stellen. Denn sein Gefängnis hat, Gott sei dank, zwei Beine.

Anthropologie
Eingetippt
Gedanken
Kleine Geschichten
Längere Geschichten
Schöne Geselschaft
Visuelles
Profil
Abmelden
Weblog abonnieren