Freitag, 31. Oktober 2008

Alltag

Unerwartet treibt es mich durch das Nichts. Meine Füße stehen auf hartem Grund, vermutlich Beton, doch es fühlt sich an, als würde ich auf Watte gehen. Alles gibt nach, entweicht bevor ich es zu fassen kriege. Ich steige in die U-Bahn, um aus dem Bett zu kommen und gehe aufs Klo um meine Mutter zu umarmen. Alles verschwindet in einem ständigen Fließen, ähnlich den Wolken, die am Himmel Bilder für uns zeichnen. Ich steige aus der U-Bahn aus. Das Sonnenlicht streift meine Wange und wirkt dabei beunruhigend flüchtig, als wäre es nur zufällig da, ohne Absicht, einfach so.

Die Stufen werden zu einem Weg in die Eingeweide der Stadt und die Rolltreppe, die neben mir nach oben kriecht, wird zum abgegriffenen Symbol für den Aufstieg der Anderen.

Ein Mädchen fährt an mir vorüber, hinauf zum letzten Licht und ich versuche, mein Hertz aus den Tiefen zu reißen; zwingend würge ich ein Lächeln in mein Gesicht, jenem Ding, das als Fratze auf meiner Seele zu hausen scheint. Das Mädchen schaut dem Licht entgegen. Sie fährt hinauf, um im orangen Gelb der Sonne für immer zu verschwindet.

Um mir Mut zu machen suche ich nach einem Ziel, kein großes, das hab ich aufgegeben. Etwas Kleines, wie das heutige Essen, aber alleine der Gedanke an Essen lässt meinen Magen zusammenkrampfen. Ich bemühe mich nicht zu kotzen, um nicht gleich hier vor allen Leuten mein Innerstes zu entleeren, um nicht ihren Bahnhof, von dem aus sie wie Schlachtvieh in alle Richtungen verschoben werden, vollzukotzen. Ich reiße mich, wie oft, zusammen. Ich will nicht auffallen. Will endlich in den Kreis aufgenommen werden, will Lob, will Neider – ja, ich will das Ding, das sie Leben nennen.

Auf meinem Fahrrad wirkt alles wieder besser. Die sanfte Fahrt lässt mich den Wind spüren, der mir zu sagen scheint >>du hast recht, Es bewegt sich unergründlich<<. In diesem Moment bin ich glücklich, zufrieden und glücklich.

Ich steige ab, lege das Schloss um mein Rad und um die Stange eines Verkehrszeichens und wieder stehen meine Füße auf Watte, wieder finde ich nur schwer mein Gleichgewicht. Ich sperre die Tür von dem Hause auf, in dem ein mir zugedachtes Zimmer auf mich wartet. Im Gang steigt mir der Geruch von Einsamkeit und Depression in die Nase. Der Brechreiz hat nachgelassen; er ist zu einem dumpfen Gefühl geworden, das dem Geräusch eines zerschellenden Glases gleicht, nur anders, viel dumpfer und ewig.

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