Mittwoch, 22. Juli 2009

Im Kaffee

>Die Geschichte ist einfach<
>Was heißt einfach<
>Naja sie ist schnell erzählt<
>Das heißt doch nicht, dass sie einfach ist, das heißt, dass sie kurz ist<
>gut dann ist sie eben kurz<
>erzähl doch<
>ich will nicht mehr<
>schade, ich hätte wirklich Lust auf eine kurze Geschichte gehabt; das Leben ist kurz, also sollen die Geschichten in Relation zu unserem Leben stehen.<
>Ist mir egal<
>komm schon, erzähl sie doch<
>es tut mir leid, der Moment ist vorbei, die Geschichte ist gestorben<
>wie kann eine Geschichte sterben?<
>Indem sie nicht erzählt wird<
>Achso


Er trank den Kaffee zu ende, suchte die Wand des Lokals nach einer Uhr ab, fand sie und bestellte noch einen Kaffee. Sie hingegen starrte nur auf einen Fleck an der Wand und vermied es nach Uhren ausschau zu halten. Für sie gab es keine Zeit, er hatte noch ein wenig davon. Es war Montag und Mittag, das Kaffee, in dem sie saßen, war nur von wenigen Gästen besucht. Ein paar Tische vor ihm las ein älterer Mann Zeitung, seine Augen sprangen über das Papier als sei es eine Frau, mit der er sich in einer zu langen Beziehung befand, er schenke ihr keine Aufmerksamkeit, benutzte sie aber trotzdem.
Sie hingegen starte noch immer auf den Fleck auf der Wand. Dieser veränderte sich nicht, blieb gleich, war teil der Wand, ohne es erbeten zu haben, sie akzeptierte ihn und ihn, jenes Ding, dass an der Wand verharren musste und jenen, das mit ihr ausharren musste. Es führte wohl doch nichts an den Gegebenheiten vorbei. Sie wahren wie riesige Steine, die man manchmal in der Landschaft sieht und sich fragt, woher sie kommen. Der Kellner brachte den zweiten Kaffee, stellte ihn ab und beäugte die Dame, die nichts bestellte. Sie gefiel ihm, wie sie so verloren durch den Raum starrte, er kannte sie schon, gewöhnlich kam sie allein.

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