Freitag, 2. Juli 2010

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Das Rauschen in meinen Ohren stammte einmal nicht aus einem schlecht gestimmtem Radio, gegenteilig war die Qulle des Rauschens ganz in der Nähe meiner Selbst. Die Autos rasten Tag ein Tag aus, hin und her, ab sechs Uhr Früh fuhr anscheinend die ganze Welt an meinem Fenster vorbei und mein wahrheitsuchender Geist vergewisserte mir, dass sich keiner der Vorbeiziehenden für mich interessierte, mein Geist war sich leider auch darüber im klaren, dass wohl Niemand der Autoinhaber oder Beifahrer von meiner Existens überhaupt etwas wussten. Ich war alleine unter vielen Reisenden. Ich musste an die Steine in Flüssen denken, wie fühlten sie sich inmitten des Fliesens, waren sie gequelte durch das ewige Rauschen und wie ging es erst jenen, die ganz unter Wasser lagen, sie wurden wohl durch die Zeit an den Fluss angepasst, aber, und das war der Unterschied zu mir, der Fluss musste sich auch an sie anassen, Stein und Fluss gehen aufeinander zu, sie der Fluss kann den Stein nicht ignorieren, die Autokollone vermittelte mir noch nie das Gefühl, dass sie auf mich eingehen wollten. Vieleicht war es aber auch die form der Straße, die die Autos zwang, an mir vorbei zu rasen.

Ich dachte wieder an die Arbeit, die ich hatte. Es war keine besonders angesehene Arbeit, aber ich wusste, dass ich mich nicht über sie beklagen sollte, da sie mir mein täglich Brot sicherte. 30 Stunden Arbeit waren gut, vierzig wollte ich nie arbeiten. Ich ging immer um fünf Uhr früh aus dem Haus, die Autokollone war um diese Zeit noch nicht unterwegs. Ich trug Zeitungen an Haushalte aus, die Firma nannte die Wohnungen so, obwohl auch sie wissen mussten, dass in diesen sogenannten Haushalten meist nur einzelne Menschen lebten. Aber auch alleinlebende Wollen wissen, was die Mehrheit weiß und so stellte ich Tag für Tag die Zeitungen zu. Ich selbst las niemals Zeitung, ich überflog zwar meist die großen Überschriften, aber jene schafften es nie mein Interesse so weit zu wecken, dass ich auch das kleiner geschriebene lesen wollte. Ich hätte auch garnicht die Zeit dazu gehabt, da ich es sonst nie geschaft hätte, all meine Zeitungen an die Adressen zu liefern. Nach der Arbeit kaufte ich mir fast immer ein kleines Frühstück, das eigentlich schon eine Jause war, da ich immer schon gleich nach dem Aufstehen einen Kaffee trank und eine Kleinigkeit as. Die Jause genoss ich dann in einem der Parks, die in der Nähe der Wohnungen lag, an die ich die Zeitungen lieferte. Dort sah ich meist Mütter mit ihren Kindern; in den letzten Jahren gesellten sich immer mehr Väter dazu und die Obdachlosen wurden weniger.

Als ich Arbeitete war es also meist Ruhig und ich begriff noch nicht, dass ich schon längst am Ufer einer Straße gelandet war. In der ersten Zeit nach der Entlassung, versuchte ich noch ab und zu in einen Parks zu gehen, aber irgendetwas in mir mein damaliges Vergnügen. Ich glaube der Grund dafür lag einerseits an dem mangel an Arbeit, dass heißt ich konnte es mir nicht vergönnen Ruhig zu sein, da ich ja vorhing nichts getan hatte, anscheinend verstand ich nicht weswegen ich ruhen sollte. Der andere Grund, der mir einfiel war, dass der seelige Zustand auch aus dem frühen Aufstehen bestand. Jetzt stehe ich immer erst um neun oder zehn auf, manchmal auch später. Mein Körper scheint einfach nicht mehr zu verstehen, warum er früher aufstehen sollte.

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